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Geschichten aus dem Motorradsattel

Top 16 – Tag 7: Glück im Unglück

Sachsen – Sachsen-Anhalt

blau: geplant ( 318 km, 05:01 h)
rot: gefahren( 346 km, 06:16 h)

Es steht wieder einmal ein Tag nur Fahren an. Es geht in den Harz, wo direkt zwei Berge auf mich warten.

Die Sportenthusiasten wecken mich morgens mit ihrem Frühsport. Ich komme nur langsam in Gang. Gestern war es wohl doch ein bisschen viel Strecke. Gut, dass heute wieder nur 5 Stunden Fahrt anstehen. Abfahrt schaffe ich erst gegen 11:00 Uhr.

Als erstes wird eine Tankstelle gesucht. Im Erzgebirge sind die rar und die Reserve leuchtet schon. Danach geht es genau so schön weiter, wie es gestern aufgehört hatte.

Heute soll es warm werden. Es sind bereits jetzt 25°C. Für die kommenden Tage ist eine Hitzewelle angekündigt.

Nach einer guten Stunde bin ich raus aus dem Gebirge und es wird wieder flacher und damit entspannter zu fahren. Nach so viel Kilometern nicht das schlechteste.

Zunächst wird eine Werkstatt in Crimmitschau angefahren. Die Kette ist schon wieder lauter geworden. Sie sollen sie nachspannen. Als ich auf den Hof fahre sind alle am staunen wie groß die Maschine ist. Der Chef müsste mir extra das Tor aufmachen, die anderen sind so durchgekommen.

Ein Biker wie er im Bilderbuch steht, mit weißem Rauschebart und Sonnenbrille, erzählt wie er damals noch mit zwei kleinen Ledertaschen und einem Zelt nach Korsika gefahren ist. So kommt er aus dem staunen gar nicht raus, wie groß meine Maschine sei. Auch ich muss zugeben, dass mein Motorrad zwischen den anderen auf dem Hof sehr mächtig aussieht.

Der Mechaniker meint die Spannung sei noch in Ordnung. Sie wäre nur zu trocken, deshalb sprüht er sie nochmal ein. Während das Öl einzieht bekomme ich noch einen Kaffee spendiert. Das sind alles super nette Menschen hier. Beeindruckt von meinem Vorhaben und bisherigen Leistungen lassen sie mich einfach weiterfahren. Erst nach ein paar Kilometer fällt mir auf, dass sie gar nichts zu meiner Bastelei am Handguard gesagt haben.

Weiter geht die Tour quer durch Thüringen Richtung Harz. Es ist entspannend nicht mehr ganz so kurvig unterwegs zu sein, dennoch macht es Spaß zu fahren.

Kurz zweifele ich an meiner Tour. Müsste nicht eigentlich noch Thüringen vor dem Harz (Sachsen-Anhalt & Niedersachsen) dran kommen? Doch ich schaue nicht nach und fahre einfach meine heutige Tour ab. Irgendwas werde ich mir schon dabei gedacht haben.

In einer Schrecksekunde denke ich, die Tour ist jetzt vorbei. In einer Links-Rechts-Kombination rutscht mir der Vorderreifen weg, was beim Motorradfahren nie gut ist. Die Straße ist voll mit Rollsplitt. Ich habe das Warn-Schild rechts am Kurveneingang übersehen, da ich schon links die Kurvenlinie gesucht habe. Im Licht-Schatten-Mix unter den Bäumen habe ich den Rollsplitt auch nicht erkannt.

Es gelingt mir noch die Maschine wieder aus dem Rutschen in die Senkrechte zu bekommen. Rolle aber trotzdem in den Graben, da ich auf dem Rollsplitt nicht mehr genug Bremsen konnte.

Glück im Unglück. Mir ist nichts passiert, auch das Moped sieht noch gut aus. Nun heißt es: Moped abladen und irgendwie da raus bekommen. In der Praxis ist das doch schwieriger. Temperaturen über 30°C erschweren mir das ganze. Zuerst muss ich jedoch die Straße ablaufen, da ich nicht glaube, dass da ein Schild stand. Mir kippt sie noch ein paar Mal um, die Steigung vom Graben ist doch zu groß. Die stabile Seitenlage aus Vorder- und Hinterrad plus Seitenkoffer bewahrt mich vor weiteren Schäden. Ein gutes Stück weiter vorne bekomme ich sie endlich wieder auf die Straße. Eine halbe Stunde brauche ich für die Aktion. Nur die Sonnenbrille hab ich bei der Sache verlegt.

Jetzt habe ich keine Lust mehr auf Kurven. Das Navigationsgerät wird auf Autobahn gestellt. Da ich mein Glück für heute nun verbraucht habe, liegt natürlich einen Vollsperrung auf dem Weg. Völlig genervt schalte ich auf Google Maps um, das die Umleitungen direkt mit einplant.

Den Campingplatz in Schierke erreiche ich um 19:00 Uhr. Ich hatte ihn telefonisch vorher nicht erreichen können und bin nur auf blauen Dunst her gefahren. Ich bekomme glücklicher Weise noch einen der letzten Zeltplätze. Eine Campingplatz-Suche hätte ich jetzt auch nicht mehr ertragen. Ich war sonst kurz davor noch die Stunde nach Hause zu fahren und danach weiter zu machen.

Auf diesem Campingplatz sind wieder ganz andere Menschen. Die meisten sind grob in meinem Alter und mit dem Fahrrad oder zu Fuß auf Tour durch den Harz.

Nach dem Zelt aufbauen gehe ich in Braunlage essen. Vom Unfall habe ich doch noch einen blauen Fleck am Schienbein abbekommen, mehr aber nicht. Den Rest vom Abend schreibe ich wieder nur. Währenddessen besucht mich, als alle anderen schon im Bett sind, ein Fuchs. Er klaut sich die Reste der unordentlichen Camper und verschwindet wieder.

Campingplatz

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