uhambe

Geschichten aus dem Motorradsattel

Grünes Band – Tag 11: Letzter Corona-Ärger

Geschrieben von: Josch

Olis Couch ist im Vergleich zu unseren kaputten Luftmatratzen ein Träumchen. Selbst Mark schläft heute etwas länger. Ohne den Kälte-Schock am Morgen beim aus dem Zelt gehen kommen wir nur langsam in Gang. Es gibt Frühstück mit Brötchen an einem richtigen Tisch. Eins wird gegessen, eins für Unterwegs geschmiert.

Dabei überlegen wir uns unser Tages-Ziel. Mit dem 100 Km würden wir etwas nordwestlich von Wolfsburg landen. Der einzige Platz, der irgendwie passen würde, liegt mitten in Wolfsburg. Wer kommt denn auf die Idee dort freiwillig zu Campen?! Uns bleibt wohl keine Wahl. Da es hier mit den Corona-Regeln nicht mehr so lasch genommen wird, benötige ich noch einen Corona-Test. Meine Impfung gilt erst ab morgen. Entlang der Route ist mal wieder nichts. Erst in der Wolfsburger-Innenstadt gibt es wieder Testzentren. Den spätesten Termin, den ich bekommen kann ist 19:30 Uhr. „Das sollten wir hinbekommen“ – denken wir beide. Also buche ich den Termin.

Ich darf mit Olis Rechner mal auf meine Speicherkarten gucken. Mittlerweile kann ich 2 von 3 Karten nicht mehr benutzen und auch von der externen Festplatte sind Dateien verschwunden. Das Tool zum Wiederherstellen der Dateien funktioniert, ein Video hat es schonmal gefunden. Doch für die ganze Speicherkarte braucht es 5 Stunden. Keine Chance, dass ich das Durchlaufen lassen kann oder gar die noch größere Festplatte bereinigen kann. Doch Oli hat noch eine Festplatte, die ich mir ausleihen könnte. Zusammen mit meiner letzten Speicherkarte müsste das reichen, wenn ich täglich Backups mache. Da darf nur nichts mehr kaputt gehen. Ein paar Windoof-Probleme kann ich testen, ob die Platte auch am Smartphone geht: Läuft! Vielen Dank an dieser Stelle noch mal 🙂

Das alles hat uns jedoch einiges an Zeit gekostet. Erst um 12:30 Uhr können wir vom Hof fahren. Dabei fängt es auch noch an zu regnen. Die Strafe fürs zu spät sein. Wir nutzen noch den Supermarkt im Dorf zum Vorräte auffüllen, dann gehts wieder auf Tour. Immerhin hat der Regen schon wieder aufgehört.

Das erste Stück fahren wir recht viel ohne Straßen, dafür leidet hier und da der Fahrkomfort. Mehr geht uns aber der Gegenwind auf die Nerven. Je nach dem wie man hinter den Hügeln hervorschaut, ist der ganz schön am Pusten. Sobald Schöningen in Sicht kommt, wird es wieder heimisch für mich. Hier kommt ganz viel Familie von mir her und ich habe hier auch eine Zeit lang als Kind gewohnt. Hinter Schöningen kann man die Abhörstation vom BND sehen. Früher wurde damit der Osten belauscht, heute wird per Satelliten in die Krisenregionen weltweit gehört. Ich möchte einen kurzen Blick in das große Loch vom Tagebau werfen. Wenn ich hier Ferien gemacht habe, ist mein Opa immer mit mir hierunter gefahren. Es ist einfach immer wieder beeindrucken wie groß das Ding ist und wie klein die Fahrzeuge unten aussehen. Tatsächlich haben sie angefangen das Loch nun zu fluten. Mal sehen ob ihr Plan aufgeht und hier in ein paar Jahren eine Urlaubsregion entstanden ist.

Direkt nebenan ist das Grenzdenkmal Hötensleben. Ein Ort direkt an der Grenze, der mal nicht platt gemacht wurde.Über das Leben in der Sperrzone & Co. haben wir in den anderen Grenzmuseen schon viel zu erfahren dürfen. Neu sind aber die beiden großen Mauern auf Ost- und West-Seite. Damit auch bloß niemand rüber schauen konnte.

Circa 1 Stunde und einen ordentlichen Anstieg weiter erwartet uns das nächste Highlight. Die GÜSt Marienborn. Die größte Grenzübergangsstelle entlang der Grenze, da hier der Großteil des Transitverkehrs nach Westberlin abgehandelt wurde plus den Urlaubsverkehr. Der ein oder andere kennt diesen Ort vielleicht schon, da er direkt an der A2 liegt und eigentlich nicht übersehen werden kann, wenn man daran vorbei fährt. Es ist ein riesen Gelände mit den Kontrollstellen für Personen- und Güterverkehr jeweils in beide Richtungen. Alles wurde mit einer Flutlicht-Anlage ausgeleuchtet und überall stehen Beobachtungstürme. Auf der Westseite gibt es auch einen Kontrollpunkt. Dort hat der Bundesgrenzschutz die Reisenden auf die Fahrt durch den Osten vorbereitet und die Zurückkommenden befragt, um an Informationen zu kommen. Wenn man sich hier wirklich alles angucken, will muss man bestimmt auch Stunden hier verbringen.

Wir wollen uns auch noch die Ausstellung angucken, doch die Frau an der Rezeption sagt wir sollen uns beeilen. Es ist schon wieder 16:30 Uhr geworden und das Museum macht (wie alle anderen auch) um 17 Uhr zu. Wir sollen es aber schaffen und noch reingehen, sagt sie. Den allgemeinen Teil zur Grenze können wir mal wieder überspringen. Interessant sind die ausgestellten Gegenstände und der Teil über die Fluchtversuche. Am Ende gibt es noch eine Galerie mit Fotos von ähnlichen Grenzen, die es heute noch gibt. Klar, Nord- und Südkorea kennt man. Bagdad, Israel, Marokko, Amerika-Mexiko und noch weitere. Das wirkt nochmal wie ein Schlag ins Gesicht. Doch einen großen Unterschied gibt: diese Grenzen sind alle nach außen gerichtet, die der DDR war nach innen gerichtet.

Bis zu meinem Test-Termin wird es jetzt leider knapp. Es ist genau 17:00 Uhr, noch 2,5 Stunden hätten wir. Nach Google Maps dauert der direkte Weg etwa 2 Stunden, damit hätten wir sogar 30 Minuten für Pausen. Der Weg soll auch „größtenteils flach“ sein. Wir weichen also von der „Grünes Band“-Route ab und machen uns auf den direkt Weg nach Wolfsburg.

Gleich die Autobahnbrücke ist wegen Bauarbeiten gesperrt. Der Bauzaun steht offen, also müssen schon andere durchgekommen sein und wir probieren auch unser Glück. Auf der anderen Seite ist der Bauzaun noch umgeschmissen, da kommen wir auch noch drüber. Wir denken, dass wir durch sind, bis wir einen quer stehenden Bagger sehen, der den Radweg komplett blockiert. Rechts und links ist nur ein Graben. Das wird mit dem Lasti nichts. Wir laufen ein Stück einen Seitenweg hinein, doch der führt nur ins nichts. Der Wald ist auch zu dicht, um mit dem Lasti durchzukommen. Uns bleibt nur alles Ausladen und das lange Lastenrad irgendwie am Bagger vorbeizukommen. Während wir am Arbeiten sind, kommt uns ein Wanderer hinterher. Wir erzählen ein bisschen beim Tragen, Hilfe bietet er aber nicht an. Er ist auch am Grünen Band unterwegs, allerdings zu Fuß und das schon seit Mitte Juli. Da wir aber nun unter Zeitdruck sind, müssen wir gleich wieder fahren, sobald alles auf der anderen Seite vom Bagger ist. Eine halbe Stunde hat der Spaß gedauert. Nach Navi sollen wir nun um 19:27 Uhr ankommen, 38 Km noch. Das war unsere Pause.

Wir fahren zunächst ein ganzes Stück auf dem Kolonnenweg, danach viel über geschotterte Feldwege. Es geht immer wieder 10m hoch und wieder runter mit ein paar höheren Stücken zwischen. „Größenteils flach“ ist hier jedenfalls nichts. Zumindest nervt der Wind nicht mehr ganz so schlimm. Ein Stück fahren wir an der B 244 entlang, dann nur noch über zwei Dörfer nach Wolfsburg. Dazwischen wartet noch eine Baustelle auf uns. An der Absperrung unterhalten sich gerade zwei Männer. Als sie uns verunsichert anfahren sehen, winken sie uns ran und machen und die Absperrung auf: „Mit dem Fahrrad kommt ihr durch. Auf der anderen Seite müsst ihr nur selber den Zaun aufmachen“. Wir bedanken uns und fahren durch. Nochmal Glück gehabt. Die letzten Kilometer durch die Stadt sind dann doch etwas merkwürdig. So viele Menschen überall und man muss sich an die Verkehrsregeln halten.

Als wir um 19:25 ankommen tun Mark die Beine weh: „Nochmal 2 Stunden durchfahren müssen wir auch nicht mehr machen“. Als ich dann reingehen möchte, ist das Testzentrum verschlossen. Im Schaufenster steht etwas von 08:00 bis 18:00 Uhr. Toll, dass ich online auch für später buchen konnte. Ich versuche mehrmals den Betreiber anzurufen, der geht aber nichts ans Telefon. In der Filiale unseres Arbeitgebers nebenan muss ich erstmal etwas Nervennahrung holen. Als wir wieder etwas runtergekommen sind, überlegen wir uns einfach zum Campingplatz hinzufahren. Vielleicht lassen sie mich ja doch da schlafen, wenn ich vom Test-Schlamassel erzähle. Ich schaue nochmal auf die Website vom Campingplatz und siehe da. Dort ist noch ein anderes Testzentrum in der Autostadt verlinkt. Es soll auch noch bis 20:30 auf haben, ohne Termine. Nichts wie hin da!

Dort klappt alles ohne Probleme und erleichtert fahren wir weiter zum Campingplatz, der nur noch ein paar hundert Meter entfernt ist. Bei der Anmeldung muss ich noch kurz auf mein Ergebnis warten, dann können wir endlich die Zelte aufschlagen. Das auch der letzte Tag, an dem meine Impfung noch nicht zählt, auch noch so schwierig werden würde, hätte ich nicht gedacht. Ab morgen ist das vorbei und wir können mit den Campingplätzen etwas entspannter sein.

Die Zeltwiese beschränkt sich auf eine kleines Grünstück vor dem Sanitär-Haus. Mit unseren beiden Zelten ist die Wiese auch schon halb voll. Keine 5 Minuten steht mein Zelt, da wurde es auch schon zwei mal mit Vogelmist getroffen. Beim 3. Mal stelle ich es doch nochmal um. Was eine gute Entscheidung war. Den ganzen Abend hören wir es plätschern auf der Seite. Unser Top-Campingplatz der Tour wird der hier wohl nicht. Kochen beschränkt sich heute auf Dose auf und warm machen. Nachdem wir im Harz leer ausgegangen sind. Wollten wir doch noch einen Erbseneintopf haben. Wir schauen noch ein bisschen dem Treiben auf dem Platz zu. Der restliche Platz ist gut gefüllt, viele sehen auch nach einem längeren Aufenthalt aus. Wir fragen uns immer noch, warum man hier zum Camping hinfährt.

Weiter Beitrag

Zurück Beitrag

2 Kommentare

  1. Oli 2. September 2021

    Bei uns wäre auch ein Test Zentrum gewesen, was wohl nicht in der App zu finden ist.
    Hättest mal was gesagt 😅

Schreibe einen Kommentar zu Oli Antworten abbrechen

© 2024 uhambe

Thema von Anders Norén