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Geschichten aus dem Motorradsattel

Grünes Band – Tag 12: Langeweile im Niemandsland

Geschrieben von: Mark

Der übliche Morgen beginnt und das Wetter ist sonnig. Heute wird gefrühstückt, da wir unsere Brotaufstriche etwas reduzieren müssen. Wir diskutieren, wie viele Kilometer wir heute fahren und beschließen nicht volle 100 km zu machen, da es dann wieder mit Campingplätzen dünn wird und es schon wieder kurz vor 10 ist. Also ist das Ziel, das weltbekannte „Bergen an der Dumme“ – ist euch allen bekannt oder? Bis wir abfahrbereit sind ist es 11:30 Uhr, da wird es bis Bergen doch schon wieder sportlich, vor Ladenschluss auf dem Platz zu sein.

Zunächst geht es raus aus Wolfsburg durch den Park zwischen Allersee und Mittellandkanal. Dann wechseln wir die Kanalseite und fahren ein recht eintöniges Stück am Kanal entlang bis wir dann rechts auf einem Feldweg abbiegen. So schnell geht es aus Wolfsburg die Zivilisation zu verlassen. Es geht weiter an den Dörfern Grafhorst und Breitenrode vorbei. Nach knapp einer Stunde Fahrt wollen wir kurz Pause machen und halten an einem Aussichtsturm im Nichts – nur plattes Land. 16 km haben wir auf der Uhr. Wir steigen auf den Aussichtsturm und sehen nicht viel mehr Interessantes, als von unten.

Wir fahren weiter, lange Strecken auf Landstraßen mit wenig anderem Verkehr aber auch Feldwegen. Wenn man nach rechts und links schaut gibt es nichts Neues: Plattes Land, Felder und Wälder. Tendenz der Strecke: gefühlt ein ganz leichtes Gefälle, obwohl die Komoot-App Ebene ansagt. Wir machen Kilometer. Nur bei Steimke gab es einen Hügel, der etwas Antritt erforderte, welches aber zu dem, was wir schon erlebt haben, fast nicht erwähnenswert ist.

In Brome machen wir beim Supermarkt halt und decken uns unter anderem mit einem Nudelsalat ein, den es gleich in einer längeren Pause geben soll. Wir fahren am Ohre-See vorbei, raus aus dem Ort immer an der Ohreaue entlang – zu meinem Leid, nur auf Kopfsteinpflaster. In der Ohreaue sollen sich wieder Bieber angesiedelt haben, erfahren wir auf einem Aussichtssteg an einer Tafel. Wenn das Pflaster so weiter geht, werden die Bieber durch meinen Lärm wohl umziehen. Eine Bank zum Pause machen, finden wir erst im Dorfkern von Wendischbrome. Wir löffeln den Salat und ziehen Bilanz. 41 km von 83 km der heutigen Etappe haben wir geschafft. Gegen 15:45 Uhr brechen wir wieder auf – ich glaube Nudelsalat gibt es nicht nochmal während der Fahrt. Er liegt mir schwer im Magen.

Auch ab hier nichts Neues zu berichten. Wir treten einfach weiter in die Pedale und fahren nebeneinander her, wenn es der Verkehr zulässt und schweigen. Zu Erzählen gibt es ja auch nichts. Erst in Diesdorf haben wir mal wieder einen Wortwechsel, da der Dorfname auf dem Schild ja wohl sehr kreativ ist. In diesem Dorf biegen wir aufgrund der unglücklichen Navigation falsch ab, also Lasti-Wenden in drei Zügen und den richtigen Weg einschlagen.

Auf der ganzen heutigen Strecke fällt das Thema „innerdeutsche Grenze“ hinten über. Wir sehen kein Stück Kolonnenweg, kein einziges Mahn- oder Denkmal, noch nicht mal die großen braunen Schilder an größeren Straßen. Vielleicht liegt es an der heutigen Streckenauswahl: Da wir Wolfsburg ja nur wegen Campingplatzmangel ausgewählt, haben wir uns, zum einen, ein riesigen Umweg sparen wollen und zum anderen, brauchten wir ja den nächsten Campingplatz, den wir an einem Tag erreichen können. Aber eigentlich waren es nur ein paar Kilometer, welche wir, wegen Wolfsburg, vom „Grünen Band“ abgewichen sind. Hier sehen wir einmal wieder, warum das Grüne Band noch nicht als Radwanderweg ausgeschrieben ist – Vielleicht ist in dieser Region die Mentalität mit dem Thema aber auch eine Andere.

Nahe Kortenbeck ist Josch wohl schon so langweilig, dass er ein Foto der Landstraße schießt. Nur daher weiß ich im Nachhinein, dass es halb 6 ist. Noch gute 10 km, dann ist das Tagesziel erreicht.

Fast eine Stunde weiter um 18:20 Uhr erreichen wir Bergen an der Dumme – und siehe da es gibt was zum Thema Grenze zu gucken. Nicht viel, aber doch interessant. Ich hatte schon befürchtet, dass wir heute „grenzenlos“ bleiben werden. Bis zum Campingplatz ist es nicht einmal mehr 1 km weit.

Die Zufahrt des Campingplatz könnte etwas angenehmer für den Hintern sein. Ein Schlagloch folgt hinter dem Nächsten. Dann erst mal Parken und Check in. Der Platz ist größer als erwartet: in Nicht-Corona-Zeiten, gäbe es einen Badeteich, ein Restaurant und einen Biergarten. Vom Platzwart erfahre ich leider, dass dies alles zu hat. Die Zelte sind schnell aufgebaut und wir haben wieder den Luxus eine überdachte Terrasse für das Abendessen benutzen zu können. Wir beschließen, dass wir uns heute eine Waschmaschine gönnen, so hat auch mein Hoodie die Chance wieder vom „Harzer Kampfschweiß“ befreit zu werden – sonst war immer Handwäsche unter der Dusche angesagt.

Während die Waschmaschine ihren Dienst verrichtet, kochen wir, allerdings doch in unseren Stühlen vor den Zelten, da dies gemütlicher ist. Es gibt eine Art Kartoffelgemüse-Auflauf – so gut das mit zwei Töpfen auf Gaskochern geht. Als das Essen fertig ist, ist unsere Waschmaschine auch durch. Schnell alles aufgehängt und ran ans essen – Natürlich mit Feierabendbier.

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1 Kommentar

  1. Oli 2. September 2021

    Das ist für mich ein super interessanter Artikel aus folgendem Grund:

    Ich finde es ist eine Kunst heutzutage genau aus dieser „Ödnis“ einen Mehrwert zu ziehen. Man ist so verwöhnt, dass immer etwas passieren muss, das man sowas gar nicht mehr zu schätzen weiß. Ich liebe es zum Beispiel wenn ich mal wegen Stau irgendwo anders lang über irgendwelche Dörfer muss. Aber man muss sich dafür erstmal vom Ärgernis des Staus lösen. Und es muss einem egal sein, dass man halt nicht alles zeitoptimiert hat.

    Aber ich wohne ja nicht ohne Grund auf dem Land 😅

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